Die Beistandschaft – Definition, Beantragung und Unterhalt

Die Beistandschaft des Jugendamtes hilft bei der Vaterschaftsfeststellung und der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Kindes. Bei der Beistandschaft handelt es sich um ein kostenloses Angebot des Jugendamtes für Alleinerziehende. Die Beistandschaft durch das Jugendamt hat keinen Einfluss auf das Sorgerecht. Nach Untersuchungen des VAMV in NRW wird die Beistandschaft durch das Jugendamt viel zu selten von Alleinerziehenden in Anspruch genommen.

Was ist eine Beistandschaft?

Bei der sogenannten Beistandschaft handelt es sich um ein kostenloses Angebot des Jugendamtes, das dieses im Rahmen der Kinder und Jugendhilfe leistet. Die Beistandschaft wurde 1998 im Rahmen des Kindschaftsrechtsreformgesetzes eingeführt und ersetzte die bis dahin geltende Amtspflegschaft des Jugendamtes für nichteheliche Kinder.

Im Gegensatz zur damaligen Amtspflegschaft ist die Beistandschaft eine freiwillige Jugendhilfeleistung, die nach § 52a SGB-VIII allen Müttern und Vätern minderjähriger Kinder durch das Jugendamt angeboten wird. Die Beistandschaft berät und unterstützt hinsichtlich des Kindesunterhaltes. Im Rahmen der Beistandschaft wird auch Unterhalt eingefordert. Außerdem unterstützt die Beistandschaft bei der Vaterschaftsfeststellung und der Anerkennung der Vaterschaft. Die Beistandschaft durch das Jugendamt ist kostenlos.

Wer kann eine Beistandschaft beantragen?

Die Beistandschaft für ein minderjähriges Kind kann jederzeit vom allein sorgeberechtigten Elternteil beantragt werden. Haben beide Eltern das gemeinsame Sorgerecht, dann kann derjenige Elternteil die Beistandschaft beantragen, bei dem das Kind lebt bzw. der das Kind überwiegend betreut. Die Beistandschaft ist unabhängig von der Staatsbürgerschaft des Kindes. Das Kind muss aber seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.

Wie beantrage ich die Beistandschaft?

Die Beistandschaft kommt durch schriftlichen Antrag eines Elternteils, das die alleinige Sorge hat, oder bei dem das Kind überwiegend lebt, zustande. Die Beistandschaft tritt sofort ab der Antragstellung in Kraft, es ist keine Zustimmung oder Bestätigung des Jugendamts nötig. Die Beistandschaft kann direkt, oder später auf bestimmte Aufgaben des Jugendamtes eingeschränkt werden. So ist eine Beistandschaft beispielsweise nur zur Feststellung der Vaterschaft möglich.

Wann kann die Beistandschaft beantragt werden

Die Beistandschaft für ein minderjähriges Kind kann jederzeit beantragt werden, wenn die beiden Elternteile getrennt leben. Eine Beistandschaft kann auch vor Geburt des Kindes beantragt werden.

Schränkt die Beistandschaft das Sorgerecht ein?

Das Sorgerecht der Eltern, bzw. des Elternteiles, das den Antrag stellt, wird durch die Beistandschaft des Jugendamtes in keiner Art und Weise eingeschränkt. Innerhalb seines Aufgabenkreises vertritt der Beistand das Kind und kann im Namen des Kindes außerhalb und vor Gericht tätig werden.

Durch die Beistandschaft erhält das Jugendamt lediglich den Auftrag und die Befugnis im Namen des Kindes gerichtliche oder außergerichtliche Maßnahmen zu ergreifen. Der antragstellende Elternteil ist aber immer noch in vollem Umfang befugt das Kind zu vertreten. Lediglich in einem von dem Beistand geführten Rechtsstreit über die Vaterschaftsfeststellung oder den Kindesunterhalt der Beistand den Vorrang.

Wann endet die Beistandschaft

Die Beistandschaft durch das Jugendamt kann jederzeit wieder beendet werden. Dazu genügt eine schriftliche Mitteilung des Antragstellers an das Jugendamt.
Die Beistandschaft endet automatisch, wenn das Kind volljährig wird. Die Beistandschaft endet aber auch, wenn der Wohnsitz des Kindes in das Ausland verlegt wird, oder dem antragstellenden Elternteil das Sorgerecht entzogen wird.

Beistandschaft und Unterhalt

Im Rahmen der Beistandschaft kann das Jugendamt Ansprüche an Kindesunterhalt geltend machen. Dies kann durch freiwillige Anerkennung der Unterhaltsansprüche oder gerichtliche Geltendmachung erfolgen. Eine freiwillig erklärte Unterhaltsverpflichtung kann vom Jugendamt beurkundet werden.

Wird keine freiwillige Unterhaltserklärung durch den Vater abgegeben, wird der Beistand im Rahmen seiner Aufgaben tätig. Der unterhalstspflichtige Elternteil wird durch den Beistand des Jugendamtes aufgefordert seine Einkünfte offen zu legen, damit die Höhe des Unterhalts ermittelt werden kann. Wenn sich die Eltern nicht über den Kindesunterhalt einigen können, vertritt der Beistand das Kind auch während der Unterhaltsklage vor Gericht um die Unterhaltsansprüche durchzusetzen.

Kommt der unterhaltspflichtige Elternteil der den Unterhaltszahlungen nicht nach, sorgt die Beistandschaft für die Eintreibung säumiger Unterhaltsleistungen, beispielsweise durch Zwangsvollstreckung. Der Beistand kann auch titulierte Unterhaltsforderungen, die vom Familiengericht festgelegt wurden, ändern lassen. Erhöht sich der Unterhalt, beispielsweise durch Anpassung der Düsseldorfer Tabelle, so kümmert sich der Beistand um die Einforderung des höheren Betrages. Der Beistand kann auch mit der regelmäßigen Überprüfung des Einkommens des unterhaltspflichtigen Elternteils beauftragt werden, um den Unterhalt ggf. an zu passen.

Video: Kinderarmut verringern – Beistandschaft stärken

Beistandschaft und Vaterschaft

Die Feststellung und Anerkennnung der Vaterschaft ist von entscheidender Bedeutung für das Kind und die Mutter. Erst wenn ein Vater feststeht können Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden. Durch die Feststellung und Anerkennung der Vaterschaft entsteht zwischen dem Vater und dem Kind ein Verwandtschaftsverhältnis. Das Kind erhält, wenn die Mutter Ausländerin ist, auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Außerdem hat jedes Kind ein Recht auf die Kenntnis seiner Abstammung. Auch für die Mutter ist die Feststellung der Vaterschaft von Bedeutung. Mit der Feststellung kann der Elternteil, der das Kind betreut und deshalb nicht erwerbstätig ist, in der Regel bis zu drei Jahren nach der Geburt von dem anderen Elternteil Betreuungsunterhalt verlangen.

Die Beistandschaft kann die Mutter bei der Feststellung der Vaterschaft unterstützen. Der Beistand nimmt Verbindung zu dem von der Mutter benannten Vater auf, oder ermittelt den Aufenthalt des Vaters, wenn dieser nicht bekannt sein sollte. Die Vaterschaft kann vom Vater beim Jugendamt freiwillig anerkannt werden. Die Vaterschaft wird dann beurkundet. Die Mutter muss der Vaterschaftsanerkennung zustimmen. Wird die Vaterschaft nicht anerkannt, erhebt der Beistand im Namen des Kindes Klage auf Feststellung der Vaterschaft und vertritt das Kind im gerichtlichen Verfahren.

Im Zweifelsfall wird dem potentiellen Vater ein privater Vaterschaftstest vorgeschlagen. Im Rahmen einer Vaterschaftsklage kann aber auch eine wissenschaftliche Feststellung der Vaterschaft durch Abstammungsgutachten oder DNA-Analyse angeordnet werden. Der gerichtlich angeordnete Vaterschaftstest ist wesentlich teurer, als der private, da die Gerichtskosten bei Nachweis der Vaterschaft ebenfalls vom Vater bezahlt werden müssen.

Richtungsweisende Urteile zur Beistandschaft

Das Jugendamt haftet bei einer Beistandschaft für unzureichende Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen. Der Träger des Jugendamtes haftet, wenn er es unterlässt, im Rahmen einer Beistandschaft gegenüber dem Unterhaltspflichtigen einen seinem Einkommen entsprechenden Unterhalt durchzusetzen und entsprechende Ermittlungen durchzuführen. Der Schadensersatzanspruch des Unterhaltsberechtigten beginnt erst mit dem Ende der Beistandschaft zu verjähren. (Urteil vom 13.12.2011 OLG Saarbrücken 4 U 456/10 139)

Untersuchung des VAMV zur Beistandschaft

Der Landesverband des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) in Nordrhein-Westfalen e.V. befragte 1200 Mütter zur Beistandschaft. Da die Umfrage nicht repräsentativ ist, kann ihr lediglich explorativer Charakter zugesprochen werden. Dennoch sind die Ergebnisse sehr interessant. 25 Prozent der Befragten alleinerziehenden Mütter und Väter kannten die Möglichkeit der kostenlosen Beistandschaft durch das Jugendamt gar nicht.
Nichtinanspruchnahme der Beistandschaft durch das Jugendamt

Die Beistandschaft im BGB

Die Beistandschaft ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt.

§ 1712 Beistandschaft des Jugendamts; Aufgaben

(1) Auf schriftlichen Antrag eines Elternteils wird das Jugendamt Beistand des Kindes für folgende Aufgaben:
1. die Feststellung der Vaterschaft,
2. die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen einschließlich der Ansprüche auf eine anstelle des Unterhalts zu gewährende Abfindung sowie die Verfügung über diese Ansprüche; ist das Kind bei einem Dritten entgeltlich in Pflege, so ist der Beistand berechtigt, aus dem vom Unterhaltspflichtigen Geleisteten den Dritten zu befriedigen.
(2) Der Antrag kann auf einzelne der in Absatz 1 bezeichneten Aufgaben beschränkt werden.

§ 1713 Antragsberechtigte

(1) Den Antrag kann ein Elternteil stellen, dem für den Aufgabenkreis der beantragten Beistandschaft die alleinige elterliche Sorge zusteht oder zustünde, wenn das Kind bereits geboren wäre. Steht die elterliche Sorge für das Kind den Eltern gemeinsam zu, kann der Antrag von dem Elternteil gestellt werden, in dessen Obhut sich das Kind befindet. Der Antrag kann auch von einem nach § 1776 berufenen Vormund gestellt werden. Er kann nicht durch einen Vertreter gestellt werden.
(2) Vor der Geburt des Kindes kann die werdende Mutter den Antrag auch dann stellen, wenn das Kind, sofern es bereits geboren wäre, unter Vormundschaft stünde. Ist die werdende Mutter in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so kann sie den Antrag nur selbst stellen; sie bedarf hierzu nicht der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters. Für eine geschäftsunfähige werdende Mutter kann nur ihr gesetzlicher Vertreter den Antrag stellen.

§ 1714 Eintritt der Beistandschaft

Die Beistandschaft tritt ein, sobald der Antrag dem Jugendamt zugeht. Dies gilt auch, wenn der Antrag vor der Geburt des Kindes gestellt wird.